Rattenscharf: Dresdner Satirepreis für Cornelia Fritzsche

  • Von Cornelia Fritzsche und Kristiane Balsevicius.
  • Erschienen in Ausgabe Nr. 114 (2016/1)

Ein Mailwechsel

Am Anfang stand eine Meldung an Kristiane Balsevicius, dass Cornelia Fritzsche (und ihre bekannte Bühnenfigur Ursula von Rätin) im April d. J. den Dresdner Satirepreis 2016 der Jury gewann(en).
Die Ex-PMO-Redakteurin wurde neugierig und wollte wissen, was die scharfe Ratte thematisiert hat, denn auffallend war, dass die Presse im Vergleich zum Preisträger des Publikumspreises keine Inhalte wiedergab und „nur“ den Charme von Frau Rätin hervorhob. Aber wie wir wissen, hat die Lady Ursula Ratte ja auch was zu sagen und nimmt kein Blatt vor den Mund! Prompt kam die Antwort der Animatörin und die ist es – fanden wir – wert, der Preis-Meldung hinzugefügt zu werden.

Gesendet: Freitag, 29. April 2016
Liebe Kristiane,
nachdem der Kasper auf Hohnstein nicht verstanden wurde (im Dialekt oder in der Dialektik?) habe ich noch mal geübt. Und siehe da, Puppen stürmen jetzt auch auf die Kabarettbühnen. Und nachdem RTL uns Puppenspieler so „vorgeführt“ hat, ist das vielleicht ein Trost und vielleicht wert, in der Puppenspielzeitung erwähnt zu werden. PUPPEN AN DIE Macht!
Liebe Grüße aus Dresden von der lieben Conny

Gesendet: Montag, 2. Mai 2016
Liebe Conny,
na das ist ja was Feines!
Ist doch g e i l einen Preis zu gewinnen!? Gel?
Was war denn Thema mit Deiner Ratte (der Werdegang des Puppenspielers wahrscheinlich eher nicht, oder doch?) und bist Du philosophisch geworden? Das würde mich noch interessieren, denn augenscheinlich hat der Charme der Puppe die Jury umgehauen, wie man in der Zeitung liest. Das wiederum könnte man noch mit einem Satz (und wie ich finde Foto) in der PMO zum Besten geben, womit Du sie gekriegt hast.
In diesem Sinne neugierig und herzlich
Kristiane

Gesendet: Montag, 02. Mai 2016
Liebe Kristiane,
warum man sich für Ursula entschieden hat, war wohl den Themen geschuldet, welcher „wir“ uns angenommen hatten. PEGIDA geht mir wahrlich auf den Keks und ich bin teilweise entsetzt, mit welchen PAROLEN und MITTELN diese ach so braven Sachsen gegen Flüchtlinge vorgehen. Diese Montagsdemos sind einfach daneben.

Ich habe 3 kleine Geschichten gebaut, einmal ging es um Berliner Ratten, welche man jetzt mit Bolzen in den Kanalisationen von Berlin erschießt (entspricht der Tatsache). Der Vorteil, die Ratte ist sofort tot und muss sich nicht wie früher über Tage nach Fressen eines Giftköders rumquälen. Fiktiv haben die Sachsenratten ihre Hilfe angeboten, frei nach dem Motto: Wir sind eine Spezies, wir müssen zusammenhalten, es ist genug Platz für alle da, die Leseratten unter die Bibliotheken, die Kulturratten unter die Theater und Kabaretts, die jungen Ratten unter die Schulen und nicht zu vergessen, die Alten RATTEN!!! Die werden unter den Dresdner Landtag einquartiert, denn die Parasiten haben sich erst kürzlich selbst die Diäten erhöht, so dass genug für alle abfällt. Und die Lügendebatten tagsüber hören die alten Ratten wegen Nachlassen der Sinnesorgane eh nicht mehr. Tja und dann kamen sie, die Berliner, und sie kamen und kamen und kamen, mein Gott war die Frage: Schaffen wir das? Ja, wir schaffen das!! Einstig die Sprache sahen die Ratten als Problem: Wie soll man einer Preusenratte das Wort Ambrot (also Abendbrot) erklären, so dass man Sprachschulen für die Sachsenratten errichtete, um DIESE im Hochdeutsch zu unterrichten. Es hat gewirkt und Sachsen- wie Preusenratte sind sich mittlerweile einig, dass die deutsche Sprache eine schöne Sprache ist. Es heißt also nicht: Die gomm doch alle nur weschem dem Gelde, sondern es heißt richtig „wegen des Geldes“.

Die zweite Geschichte drehte sich um die innige Freundschaft zu einem jüdischen Kneipenbesitzer, bei welchem URSULA schon so manche Nacht versackt ist, weil man sich im Erzählen jüdischer Witze gegenseitig übertreffen wollte. (Übrigens stimmt dies tatsächlich, aber durch Ursula charmant als Geschichte erzählt, rührt es das Publikum, weil es eben von einer Puppe erzählt wird).
Und letztendlich ging Ursel der Frage nach, was eigentlich Glück ist? Mit seinem Arsch hier geboren zu sein und nicht da, wo einem der Arsch weggeschossen wird, weil andere Ärsche glauben, dass man Krieg gegeneinander führen muss. Und wenn die unschuldigen Ärsche ihren Arsch retten wollen und fliehen, treffen sie auf die nächsten Ärsche, nämlich die, welche sie nicht in ihr Land lassen wollen. Wie arschlos ist das denn? Und wenn die größten aller Ärsche, nämlich DIE, die es ermöglichten, dass durch ihre Waffen Ärsche überhaupt erst aufeinander schießen, dann ist die Dekadenz perfekt.

Nun, ich bin eben wirklich im Kabarett geblieben, habe mich politisch, satirisch gegeben und habe URSEL gnadenlos vors Loch geschoben (zwinker).
Letztendlich bin ich froh, dass es der JURYPREIS geworden ist, denn beim Publikumspreis hätte man mir ja Heimvorteil nachsagen können.

Ich hoffe, Deine Frage ist beantwortet.
Liebe Grüße von der lieben Conny aus Dresden

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